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SPIRITUELLE ÖKOLOGIE
IN ALTPERSIEN
Pir Zia Inayat Khan
Zu DIR klagte die Seele der Mutter Erde:
"Weshalb gebärtest DU mich? Wer formte mich?
Begierde und Raub, Ausschreitung überall
und Gewalt umgarnt mich allseits.
Keine Hilfe sehe ich, als EURE, IHR
Gebieter;
offenbart mir den Einen Starken, der erretten kann."
Ahunavaiti GÂTHÂ;
YASNA 29.7
Dieser Psalm ZARATHUŠTRAs
verkörpert für mich den wahren Geist des Mazdaismus, der
Religion des alten Iran. Der Vers ist ein Denkmal der innigen Verehrung
und grenzenlosen Hochachtung, die die Perser des Altertums den Naturkräften
und besonders dem Planeten Mutter Erde darbrachten. Für sie war die
Erde nicht Eigentum, das sie ihren eigenen Zwecken dienend bestens
ausbeuten konnten; sie war der prachtvolle Engel, von dem sie geboren
worden waren, in dessen Körperlichkeit sie wohnten, und in dessen
höherem Sein sie wiedergeboren würden.
Die Himmels-Gebieter, zu denen Mutter Erde
ihren verzweifelten Bittruf richtet, sind keine andern als die der
göttlichen Siebenheit, bestehend aus der Gottheit AHURA
MAZDA und den sechs Mächten des Lichtes, die ihn immerfort
umgeben. Es ist interessant, daß von diesen 'AMESHA
SPENTAS' oder Heiligen Unsterblichen, welche sechs Aspekte
des Einen Seienden sind, drei weiblichen und drei männlichen Geschlechts
sind. Bei diesen Gebietern beklagt sich die Erde bitterlich über die
Mißhandlung durch ihre Bewohner. Schuld an ihrem Leiden gibt die Erdenmutter
nicht direkt der Menschheit selbst, sondern sie klagt vielmehr die
Kräfte der Dunkelheit an, die die Menschheit dann heimsuchen, wenn
sie ihren Weg verloren hat. Unter der gnadenlosen Lehensherrschaft
dieser dunklen Kräfte, angeführt von dem Erzdämonen TAROMATI,
will die Erde wissen, warum sie überhaupt erschaffen worden ist. In
dem dringenden Bedürfnis nach Errettung fleht sie die
'AMESHA SPENTAS' an, die Herrscher der Elemente, daß Sie einen
leibhaftigen Retter senden, einen, der die Kräfte der Zerstörung dort
überwältigen kann, wo sie am schwersten geworden sind: auf der 'GETIK'
- der materiellen Ebene.
Wie in der AVESTA beschrieben,
werden die Gebete der Mutter Erde durch die Person des Propheten
ZARATHUŠTRA beantwortet. Der Prophet erscheint auf Erden, um
die Reinheit des Planeten ritterlich zu verteidigen, und um die Kräfte
der Dunkelheit zu tilgen mit der Macht Seines spirituellen Glanzes,
dem Licht von XVARNAH. Genauso wie die 'GETIK'-Ebene
durch sichtbares Licht offenbar wird, so wird die
'MENOK'- oder subtile Ebene durch XVARNAH,
das Licht der Glorie, sichtbar. Das Licht des XVARNAH
wird eng mit dem Engel ZAMYAT
in Verbindung gebracht, dem Schutzgeist der Erde. Die Ritterschaft
des XVARNAH, die Prozession königlicher Weiser,
die dieses Licht der Glorie besitzen, ist in den ZAMYAT
YAŠT der ZEND-AWESTA so weit zurück
nachweisbar, wie die indo-iranische Überlieferung überhaupt wurzelt.
So finden wir die alten avestischen Ritter des Xvarnah, wie JEMSHID
(YIMA) und FERIDUN (THAETAONA) auch
in indischen Schriften als YAMA und TRITA
erwähnt. Die Tradition von dem Licht der Glorie zählt auch einzelne
ausschließlich iranische Priester-Könige auf, einschließlich KAY
KUSRAW, auf den sich Jahrtausende später der ISHRAQI
SUFI-SHEIK SHIHABUDDIN SUHRAWARDI als auf einen Übermittler
der hermetischen Weisheit bezog, und König VIŠTASPA,
der während der Lebenszeit ZARATHUŠTRAs König
von BAKTRIEN war. Die Übermittlung der Glorie
des XVARNAH ging nicht zu Ende mit dem Propheten
selbst:
"Und wer auch immer von euch,
o Menschen",
so sagte AHURA MAZDA, "o heiliger ZARATHUŠTRA!
jene Glorie (XVARNAH) erfassen wird, die nicht
gewaltsam erfaßt werden kann,
der hat die Gaben eines ATHRAVAN (Priesters);
wen auch immer es nach der Erleuchtung des Wissens verlangen wird,
der hat die Gaben eines ATHRAVAN;
wen auch immer es nach der Fülle des Wissens verlangen wird,
der hat die Gaben eines ATHRAVAN."
ZAMYAT YAŠT (XIX. 53)
Das Licht des XVARNAH,
als Träger archetypischer Wahrnehmung, transzendiert die fünf Sinne,
weil es mehr eine aktive Art der 'Vorstellung' ist als nur eine passive
Art der Wahrnehmung. Diese archetypisch-imaginale Fähigkeit, so beschreibt
es der berühmte Professor Henry Corbin, "verändert den den Sinnen
eingeprägten Tatbestand in einen klaren Spiegel, in spirituelle Durchsichtigkeit;
so geschieht es, daß die Erde und die Dinge und Lebewesen der Erde
- zum Weiß-Glühen gebracht werden - es der Sichtbarwerdung ihrer Engel
erlauben, durchzudringen bis zur visionären Intuition." So bewirken
wir, indem wir uns mit unserem eigenen inneren XVARNAH
verbinden, die Umgestaltung der empfindsamen Erde in eine leuchtend
strahlende XVARNAH-Landschaft, in der der Engel
der Erde und die Engel ihrer Lebewesen das psychische Bildnis kundtun.
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